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„Normale“ Demenz oder Alzheimer?

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  • „Normale“ Demenz oder Alzheimer?

    Hallo alle zusammen,

    es geht um meine Oma. Sie ist 87 und seit einigen Jahren beobachten wir mit Schrecken Veränderungen und Verhaltensweisen, die für uns als Familie oft absolut unverständlich sind.
    Da sie sich strikt weigert, irgendeinen Arzt aufzusuchen und wir aber gern wüssten, was los ist, damit wir im Zweifelsfall doch irgendwie reagieren können, hoffe ich, dass mit dem reichen Erfahrungsschatz hier im Forum evtl. so eine Art „Ferneinschätzung“ gestellt werden kann und ihr mir Tipps geben könnt, wie wir vorgehen sollten.
    (Wahrscheinlich hilfts schon, wenn jemand schreibt „geht mir genauso, ist furchtbar“)
    Wo fange ich nur an…
    Besonders psychisch stabil war sie noch nie, sie ist in ihrer Kindheit von Ihrer Mutter und ihrem Bruder körperlich und seelisch misshandelt worden und später dann von ihrem Ehemann (1990 verstorben). Dass man da depressiv wird, muss einen nicht wundern.
    Nun werden seit einigen Jahren vor allem ihre „Beklauungsphantasien“ immer schlimmer. Sie bildet sich ein, dass immer wenn sie schläft oder ihre Wohnung verlässt, geht jemand durch ihre Wohnung und tauscht Dinge aus. Davon habe ich hier jetzt schon häufiger gelesen, das scheint ja ein bekanntes Symptom zu sein.
    Sie duscht auch schon seit Jahren nicht mehr, sie wäscht sich kaum noch, ihre Wohnung kann sie nur in sehr guten Phasen selbst in Schuss halten. Meine Mama macht das alles (kann aber nur einmal die Woche kommen), sie wohnt in derselben Stadt, wenn auch am anderen Ende.
    Sie isst und trinkt fast gar nichts. Wasser mag sie nicht, nur Kaffee, schwarzen Tee und Cola (da wird sie am Tag wohl so auf 0,5l kommen). Sie liegt den ganzen Tag ich ihrem Bett und schaut fern. Sie hat Schwierigkeiten in der zeitlichen Orientierung, sie weiß zwar noch welcher Tag ist usw. aber mit weiter entfernt liegenden Ereignissen kann sie nichts mehr anfangen. Wortfindungsstörungen hat sie auch. Schwierig ist es für sie vor allem, sich an Dinge zu erinnern, die so in einem Zeitraum von einer bis ca. vier Wochen liegen. Und manchmal ruft sie mehrfach an, um die gleich frage zu stellen.
    Aufgrund ihrer Vergangenheit ist sie leider absolut hilferesistent. Sie meint, sie sei ihr ganzes Leben lang bevormundet worden und daher entscheidet sie jetzt alles selbst. Jegliche Hilfsangebote („wir besorgen eine Haushaltshilfe“, wir fahren mit dir zum Arzt“, „wir besorgen dir einen Rollator“) werden als Bevormundung eingestuft und kategorisch abgelehnt. Sie ist der festen Überzeugung, dass alle nur ihr schlechtestes im Sinn haben und ergeht sich oft in langen Monologen über die schlechten Menschen in ihrer Vergangenheit. Dann gibt es eine Kiste mit Briefen, die sie immer und immer wieder im Abstand von ca. einem Jahr wieder findet und über den Inhalt der Briefe in eine tiefe Krise stürzt (soll man die Kiste vielleicht mal ganz entfernen??)
    Oft scheint sie noch ziemlich klar zu sein. Kann sich aber gleichzeitig nicht erklären, warum ich zum Beispiel jeden Tag arbeiten gehen muss. Oder warum ich jetzt (seit ca. einem Jahr) in einer anderen Stadt wohne. Ich weiß oft nicht, ob sie noch was kapiert oder nicht.
    Ist das Alzheimer? Oder irgendeine andere Demenz? Wie bekomme ich sie zum Arzt? Warum hat der bisher noch nichts gesagt? Gibt es irgendwas, was wir tun können, bevor sie in ihrer Wohnung stürzt (sie ist sehr wacklig!), sich was bricht und dann die Dinge ihren Gang gehen? Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht?

    Vielen Dank schon mal, bin für jede Mitteilung dankbar.

    M.


  • Re: „Normale“ Demenz oder Alzheimer?


    Hallo liebe Enkelin80,

    so ungefähr fing das alles auch bei meiner Mutter an. Das war 2009.Bei meiner Mutter ist es aber so, daß sie bereitwillig zu jedem Arzt mitgeht. Wir haben zuerst mit unserem Hausarzt gesprochen. Der hat uns dann eine Überweisung zum Neurologen gegeben, wir bekamen auch schnell einen Termin.

    Sie wohnte noch allein in ihrer Wohnung, mein Bruder und ich haben uns abgewechselt mit Duschen, Medikamentengabe usw.
    Die Nachbarn hatten einen Schlüssel, sie haben nach ihr geschaut. Dann ist sie in ihrer Wohnung gestürzt. Wir haben sie dann bei mir zu Hause gehabt ein paar Wochen.
    Inzwischen hat der Neurologe und auch unser Hausarzt mich gebeten, meine Mutter doch in ein Pflegeheim zu geben, weil sie praktisch Tag und Nacht unruhig war, sie brauchte rund um die Uhr Aufsicht. Eigentlich wollte ich dies nicht, aber ich war dann selbst nervlich am Ende. Ihr Zustand verschlimmerte sich zusehends.
    Inzwischen ist sie im Pflegeheim - für sie jetzt ihre vertraute Umgebung - .
    Dieses Jahr war sie zweimal im Krankenhaus, hatte ein OP, die sie gut überstanden hat. Ich besuche sie sehr oft, so wie ich es beurteilen kann, gehts ihr gut - sie lebt in ihrer eigenen Welt. Sie hat Wortfindungsstörungen - ich verstehe sie trotzdem so einigermaßen. Sie sitzt seit ein paar Monaten im Rollstuhl. Mein Bruder und ich besuchen sie sehr oft.
    Wichtig wäre also zuerst einmal ein Gespräch mit dem Hausarzt, daß ist einfach gesagt als wie getan.

    Ich wünsche Ihnen viel Kraft und schöne Feiertage.

    Karin

    Kommentar


    • Re: „Normale“ Demenz oder Alzheimer?


      Liebe Enkelin!

      Habe den Eindruck, dass hier die Grenzen fließend sind. Bei einer Alzheimer-Demenz kann ich mir schlecht vorstellen, dass die Entwicklung ohne Behandlung sich einige Jahre mehr oder weniger gleichbleibend hinzieht (Sie schreiben ja, das sie sich schon seit einigen Jahren bedroht fühlt und sich auch seit einigen Jahren nicht duscht). Vermutlich verlegt sie die Dinge selbst, vergisst es und vermutet dann, jemand hat es weggetan. Vor dem Duschen hat sie vielleicht Angst und nimmt es auch nicht so wichtig, früher kam man ja auch mit Handwäsche gut aus.
      0,5 Liter Flüssigkeit und sind auf jeden Fall zu wenig, zumal nicht als Wasser eingenommen. Das kann auch die Ursache der Störungen sein. Auch die Flüssigkeit im Essen fehlt ja, da sie wenig isst. Mir scheint, um herauszufinden, ob der Abbau vielleicht daher kommt, wäre es gut, wenn Sie irgendeinen Weg fänden, ihre Ernährung zu verbessern. Dass eine Altersdepression dazu kommt, ist auch denkbar und kommt oft vor.

      Was können Sie tun?
      Ihr eine fremde Hilfe zuzumuten wird sicher nicht gelingen - wenn man sich in die Lage eines alten Menschen versetzt, ist dies auch verständlich. Er kann ja nicht mehr so vorausschauend denken, alles Neue macht Angst und ist eine Überforderung.
      Ein Lichtblick: Offensichtlich nimmt sie die Hilfe Ihrer Mutter ja an. Wäre es möglich, dass Ihre Mutter versucht, eine eventuelle zukünftige Haushaltshilfe ein paar Monate lang versucht, mitzunehmen und vorsichtig mit Ihrer Oma vertraut zu machen? Gar nicht als solche vorstellen, sondern z.B. sagen, Frau XY, eine liebe Freundin, kommt mit, gemeinsam mit ihr schaffe ich es besser.
      Ich denke, je mehr sie mit der Oma diskutieren, um so mehr wird sie alles abwehren. Besser ist es, indirekt zu helfen (Essen vorbeibringen, Nachbarn bitten, mal Hallo zu sagen usw., andere Verwandte einbeziehen und um einen Besuch bitten, die Oma für einen Ausflug einladen, gemeinsam einen Film im Fernsehen anschauen, die Lieblingsspeise mitbringen ...).
      Viel Zeitaufwand und Feingefühl wird nötig, wenn man etwas bewirken will. Ich weiss ja nicht, was Ihnen und der anderen Verwandtschaft möglich ist zu investieren, um die Oma aus der Isolation herauszulocken. Das ist ein Opfer und man muss sich überlegen, ob man das kann und will.

      Auch wenn ein Mensch demenzkrank ist, sollte man nichts ohne seine Einwilligung entfernen, es sei denn, er ist dadurch gefährdet. Allenfalls könnten Sie fragen, ob sie die Kiste mit den unguten Erinnerungen wegräumen dürfen. Vielleicht kann man ihr aber auch irgendwie mit Gesprächen helfen, die bitteren Briefe besser zu verarbeiten?

      Bringen Sie doch beim nächsten Besuch mal Bilder von sich, ihrer neuen Wohnung, ihrem Arbeitsplatz mit und erzählen Ihrer Oma, wie es dort so geht, vielleicht kann sie dann Ihre Lebensverhältnisse etwas besser einordnen.

      Ein Gespräch mit dem Hausarzt, zur Not auch ohne die Oma, ist dringend notwendig. Frage ist, ob es eine Betreuungsvollmacht gibt, denn ansonsten könnte es ja sein, dass der Arzt keine Auskunft gibt. Wenn man den Arzt aber schon länger kennt, denke ich dennoch, dass er für ein Beratungsgespräch bereit ist. Oder man vermittelt ihm einfach schriftlich die Sorgen und er tut es in seine Akte. Beim nächsten Besuch der Mutter muss er das dann ja berücksichtigen und könnte die Mutter evt. gleich weiterüberweisen z.B. zu einem Gedächtnitest. Eventuell lässt sich so die Hilfsaktion in Gang bringen.

      Also, ich rätsele ein wenig, so eine komplexe Lage lässt sich aus der Ferne nur schwer beurteilen, aber vielleicht sind ein paar Denkanstöße dabei.

      LG, Eva Franziska



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      Mein Steckbrief (Stand September 2010): Mutter, 86, betreut von mir (Tochter), 52, selbstständig. Keine weiteren Verwandten; Wohnen im selben Haus; Schweregrad: Anfang mittleres Stadium; Verstärkte Auffälligkeiten seit zirka 2006 nach Narkose wegen Arm-OP. Therapie nach Diagnose seit August 2009: Citalopram 20mg, Aricept 5mg, 2x/Woche Krankengymnastik wegen Gang-Ataxie; 1x/Woche tiergestützte Ergotherapie mit Hirnleistungstraining; 1x/Woche Begeitung bei kurzen Spaziergängen mit Gesprächaustausch (diese Dame begeleitet meine Mutter auch zur Physiotherapie und singt oft danach noch mit ihr). Ich versuche hauptsächlich mit Hilfe integrativer Validation (Nicole Richard) die Grundstimmung zu stabilisieren.

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      • Re: „Normale“ Demenz oder Alzheimer?


        Vielen Dank für die Antworten!

        Liebe Eva Franziska,

        das waren schon einige gute Denkansätze, vor allem das mit der "befreundeten Haushaltshilfe" finde ich eine gute Idee. Da könnte man ansetzen.. - vielleicht. Die Nachbarn vorbeizuschicken wäre jedoch eher unproduktiv, da sie es sich in den letzten Jahren mit ihrer Art mit allen verdorben hat. Sind alle böse und gegen sie, denkt sie. Und mehr Familie gibt es leider nicht.
        Meine Mutter bringt ihr schon immer Suppen und Eintöpfe, damit sie etwas mehr Flüssigkeit bekommt. Sie wird jetzt in Altersteilzeit gehen, das heißt, sie kann sich etwas regelmäßiger kümmern und auch mal mit der Oma zum Arzt, dann kann man das Medizinische auch anleiern. Vollmachten gibt es keine (Angst vor Bevormundung), aber den Hausarzt kennen wir schon lange und wenn wir die Oma hinbringen dürfen wir auch mit ins Sprechzimmer.
        Danke nochmal..

        Kommentar



        • Re: „Normale“ Demenz oder Alzheimer?


          Liebe Enkelin,
          dann würde ich den Hausarzt um einen Vorabgesprächstermin bitten - ohne Oma.
          Falls das nicht geht: einen kurzen Bericht schreiben und ihm ein paar Tage vorher übergeben. Notieren, wo krankhafte Auffälligkeiten sind - möglichst knapp und übersichtlich und nicht anklagend sondern sachlich, aber so, dass er informiert ist, dass Anlass zur Sorge besteht.
          Im Beisein des Patienten lässt sich schwer reden - sollte man auch nicht (eventuell Zeichensprache vereinbaren - zwinkern oder so - wenn seine Fragen von der Oma falsch beantwortet werden). Man will ja der Person nicht das Gefühl geben, unmündig zu sein (obwohl sie es ja leider ist - aber das heisst niemals, dass der Mensch auch unwert wäre!).
          Ein guter Arzt wird dann weiterüberweisen zu einem Neurologen (man kann es ja "Verdacht auf Duchblutungsstörungen" nennen).

          Hoffentlich wird Hilfe möglich.
          LG, Eva Franziska

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